Sie besass weder einen Ritualplatz noch irgendwelche Thankas in ihrem Heim. Die Leute glaubten von ihr, sie sei sehr arm und würde keinerlei religiösen Bräuche kennen, trotzdem fragten sie sie immer um Hilfe, sobald sie von persönlichem Missgeschick heimgesucht wurden. Jomo Chhi’mèd Pema hatte einige Schülerinnen, die sie besuchten, aber diese kamen immer heimlich.
Jomo Menmo hatte verschiedene Emanationen in Tibet, im Jahr 1901 jedoch wurde ihre Inkarnation von Gomchenma Pema ’ö-Zér erkannt. Gomchenma Pema ’ö-Zér wurde von Jomo Chhi’mèd Pema (welche selbst eine Emanation von Yeshé Tsogyel war), aufgezogen. Diese Tante Jomo Chhi’mèd Pema erkannte Pema ’ö-Zér als eine Emanation von Tashi Chi-dren. Tashi Chi-dren war jene Partnerin von Padmasambhava, welche sich in der Vision als die Tigerin manifestierte, auf welcher Padmasambhava in seiner Manifestation als Dorje Tröllö ritt – die zornvollste aller acht Manifestationen von Padmasambhava.
Pema ’ö-Zér’s Mutter, Vater und älterer Bruder starben an den Pocken, als sie vier Jahre alt war; sie blieb zurück und wurde von ihrer älteren Tante Jomo Chhi’mèd Pema aufgezogen, welche als eine sehr exzentrische alte Dame galt. Jomo Chhi’mèd Pema lebte als Single und hütete einige Ziegen, war aber eine machtvolle Yogini, jemand, der mit den örtlichen Berg-Beschützern verkehren konnte und der den Menschen auf ihre Fragen bezüglich Leben und Zukunft Auskunft geben konnte. Überall um ihre Behausung herum gab es Gesteinshügel, Erhöhungen aus Steinen aus dem Fluss, welche sie in Kreisen oder anderen Formen anordnete. Sie bewegte Steine, manchmal sehr grosse, viele Meilen weit, weil sie fühlte, dass sie sich am falschen Ort befanden. Durch ihre Verbindung mit den Beschützern hatte sie eine aussergewöhnliche Kenntnis darüber, wo gewisse Steine zu liegen hatten. Sie behandelte sie als lebende Wesen und konnte an der Lage, in der sie sie fand, wie in einem Buch lesen. Die kleine Pema ’ö-Zér spielte eines Tages ausserhalb der Behausung ihrer Tante, fiel über einen Stein und verletzte ihr Knie. Jomo Chhi’mèd Pema erschien augenblicklich mit einem langen Stock, als sie ihre Schreie hörte, gab dem Felsen einige Hiebe und warnte ihn, in Zukunft zu Pema ’ö-Zér Sorge zu tragen. Pema`ö-Zér wurde davon tief berührt. Es tat ihr sehr leid, dass sie den Felsen durch ihre Dummheit in Schwierigkeiten gebracht hatte und behandelte ihn von da an mit Freundlichkeit und Respekt. Jomo Chhi’mèd Pema gab der jungen Pema ’ö-Zér oft Belehrungen dieser Art und das junge Mädchen schien fähig zu sein, von dem Belehrungs-Stil ihrer Tante sehr zu profitieren. Sie lernte sehr viel von ihrer Tante.
Jomo Chhi’mèd Pema kannte die Positionen der grösseren Felsen im Fluss sehr gut und sie konnte Voraussagen über das Wetter machen, Prognosen für die Saat oder die Ernte, je nachdem was sie sah. Wenn die Felsen sich bewegten, wusste sie es augenblicklich und es bedeutete meistens eine Änderung des Wetters. Diese Weisheits-Exzentrikerin wurde Adoptiv-Mutter von Pema ’ö-Zér und gab ihr viele Instruktionen für ihre Praxis. Sie lehrte sie das Dzogchen Long-dé und viele andere sehr essenzielle Praktiken. Sie sang niemals Texte oder gebrauchte irgendwelche rituellen Gegenstände. Sie besass weder einen Ritualplatz noch irgendwelche Thankas in ihrem Heim. Die Leute glaubten von ihr, sie sei sehr arm und würde keinerlei religiösen Bräuche kennen, trotzdem fragten sie sie immer um Hilfe, sobald sie von persönlichem Missgeschick heimgesucht wurden. Jomo Chhi’mèd Pema hatte einige Schülerinnen, die sie besuchten, aber diese kamen immer heimlich und nichts deutete darauf hin, ‚dass sie einen Lama besuchten‘.
Jomo Chhi’mèd Pema wohnte den Belehrungen bei, wenn grosse Lamas in ihre Gegend kamen, aber sie sass dort eher wie zufällig denn als intellektuelle Zuhörerin. Sie machte niemals irgendwelche Mudras, noch schloss sie sich den Rezitationen an, wenn Ermächtigungen gegeben wurden. Deswegen dachten viele Leute, sie wäre ein frommer Einfaltspinsel. Wenn die Belehrungen oder Ermächtigungen vorbei waren, ging sie kichernd von dannen. Sie lächelte den Menschen meistens zu oder lachte sogar laut, was besonders die Mönche für unangebracht hielten. Wurde sie etwas gefragt, wiederholte sie oft immer wieder nur ‚Ja!‘, nickte heftig mit ihrem Kopf und grinste wie geisteskrank. Dies hielt viele Menschen mit intellektuellen Absichten davon ab, ihr Fragen zu stellen.
Eines Tages, als Pema ’ö-Zér bald zwanzig Jahre alt war, verliess ihre Tante Jomo Chhi’mèd Pema das Haus und kehrte nie mehr zurück. (Es ist nicht bekannt, wohin sie ging oder was ihr zustiess.) Pema ’ö-Zér verblieb noch eine Weile in dem Haus, doch eines Tages hatte sie während ihrer Meditation eine Vision, in der ihr Jomo Chhi’mèd Pema erschien und sie ersuchte, ein Wander-Leben zu beginnen, in dem sie den geeigneten Sang-Yab finden würde. Pema ’ö-Zér verliess das Haus ihrer Tante, welches bald zu einer Ruine zusammenstürzte, und wanderte mehrere Jahre als eine umherziehende Yogini herum, bevor sie Rang-rig Togden begegnete, einem wandernden Chodpa (Ausübender von Chöd). Nachdem sie zusammen durch Ost- und Zentraltibet gewandert waren, liessen sie sich in Mar-Kham nieder, wo sie eine Höhle fanden, die ‚Tiger Raum von Regenbogen Licht‘ genannt wurde. Sie blieben dort ihr Leben lang als Praktizierende des Dzogchen Long-dé, der‚Raum-‘ oder ‚unendliche Weite‘- Serie von Dzogchen.
Gomchenma Pema ’ö-Zér’s Sang-Yab und Schüler Rang-rig Togden war ein machtvoller Yogi, vor allem in den Unterwerfungs-Praktiken von Chana Dorje (Vajrapani), Tamdrin (Hayagriva) und Khyung (Garuda), einer Praxis, die er von Azom Drukpa erhalten hatte. Sie praktizierten ihr ganzes Leben lang und verbrachten ihre späteren Jahre meistens im Retreat. Als sie in den sechzigern waren, hatte Gomchenma Pema ’ö-Zér eine Vision von Yeshé Tsogyel, welche sieben Tage dauerte. Als sich die Vision zurück in Chö-nyi (Dharmata) auflöste, hatte sie die Erkenntnis, dass sie einer Tochter das Leben schenken werde, welche die Inkarnation von Jomo Menmo sein würde, der grossen weiblichen NyingmagTértön. Jomo Menmo war die Gefährtin von Guru Chöwang – einer der grossen gTértön Könige. Die Aro Tradition ist im Besitz des neunspeichigen Meteoriteisernen Vajra, der von Padmasambhava gemacht worden war und von Guru Chöwang durch die Inspiration von Jomo Menmo wiederentdeckt wurde, und ebenso von Jomo Memos Dorje und Drilbu.